Donnerstag

Heinrich VIII. an Anna Boleyn

Meine Freundin! Ich und mein Herz legen uns in Eure Hände und bitten Euch, uns Eurer Huld zu empfehlen und Eure Neigung zu uns nicht durch die Trennung vermindern zu lassen. Denn es wäre sehr grausam, unsere Pein noch zu vermehren, was ja schon die Trennung zur Genüge besorgt, und zwar in höherem Maße, als ich es je geglaubt hätte. Ich muss immer an einen astronomischen Satz denken, der folgendermaßen lautet: »Je weiter die Mohren von uns entfernt sind, desto weiter ist auch die Sonne von uns entfernt, und doch ist ihre Hitze um so sengender.« So ist es auch mit unserer Liebe; wir sind voneinander getrennt, und doch bleibt sie so glühend, wie sie war, wenigstens meinerseits. Ich hoffe dasselbe von Euch und versichere Euch, die Qual der Trennung ist bereits zu schwer für mich, und wenn ich daran denke, wie lange ich sie noch werde erdulden müssen, so will sie mich schier unerträglich dünken, lebte ich nicht der festen Hoffnung, dass Eure Neigung zu mir unveränderlich sei. Um Euch nun bisweilen an sie zu erinnern, und da ich sehe, dass ich nicht in Person bei Euch weilen kann, sende ich Euch etwas, was dieser so nahe wie möglich kommt, nämlich mein Bild, in ein Armband eingefasst mit der vollen Devise, die Ihr bereits kennt, wobei ich mich selbst an seinen Platz wünsche, wenn dies Eueren Beifall finden sollte. Dies ist von der Hand Eures treuen Dieners und Freundes

H.
vermutlich 1532

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